Lärmbelästigung durch Nachbarn – Welche Ansprüche habe ich hiergegen?

Ruhestörung durch die lieben Nachbarn – Wenn Nachbarlärm zur Belastung wird
I. Einleitung – Ständige Lärmbelästigung durch Nachbarn:

Wer kennt das nicht, die lieben Nachbarn feiern wieder einmal eine lärmende Party, hören Musik bei einer unerträglichen Lautstärke oder versuchen sich an einem Musikinstrument (z.B. Klavier oder Schlagzeug). Bei allem Verständnis ist jedoch irgendwann einmal der Punkt erreicht an dem man sich überlegt, muss ich diesen Lärm ertragen?!

Man ist jedoch in dieser Situation nicht hilflos. Man kann öffentlich-rechtliche (vgl. II unten) und zivilrechtliche Unterlassungsansprüche (vgl. III unten) gegenüber dem Nachbarn wegen des „Lärms“ geltend machen.

Wann gelten Ruhezeiten?

Es ist wichtig, die gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten, um nicht gegen das OwiG zu verstoßen. Es gibt verschiedene Bundesgesetze, die dies regeln – auch wenn sie nicht einheitlich sind. Die genauen Ruhezeiten, die im Landesimmissionsschutzgesetz geregelt sind, können bei der Stadt- oder Gemeindeverwaltung erfragt werden.

Als grobe Richtwerte zur Orientierung können folgende Zeiten dienen:

An Sonntagen und Feiertage: Ganztägige Ruhe
In der Mittagsruhe: 13 Uhr bis 15 Uhr
In der Nachtruhe: 22 Uhr bis 6 Uhr

Neben den gesetzlichen Ruhezeiten sind weiterhin die in der jeweiligen Hausordnung festgelegt Regelungen von Relevanz. Sprechen Sie hierzu Ihren Vermieter oder die Hausverwaltung an.

II. zu den öffentlichrechtlichen Unterlassungsansprüchen:

1. Nach § 117 Ordnungswidrigkeitengesetz (kurz OWiG) handelt derjenige ordnungswidrig, der ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

§ 117 OWiG erfaßt insoweit verhaltensbedingten Lärm, d.h. der Lärm der durch eine Person erzeugt wird bzw. der Lärm der durch eine Person „gesteuert“ wird. Zuwiderhandlungen rechtfertigen das Einschreiten der Polizei (wenn Sie diese um Hilfe bitten) und bei der Verletzung von Strafvorschriften auch der Staatsanwaltschaft.

Insoweit gilt § 117 OWiG für alle Arten von Lärm, also z.B. für nächtliches Geschrei ebenso wie für technische Anlagen, Fahrzeuge, Musikgeräte und musizieren etc.. Gegenüber anderen Ordnungswidrigkeitstatbeständen ist die Vorschrift nachrangig (§ 117 Abs. 2 OWiG). Es handelt sich daher um einen Auffangtatbestand. Speziellere Tatbestände des Bundes- und des Landesrechts gehen vor.

Die Polizei hat Ordnungswidrigkeiten nach pflichtgemäßem Ermessen zu erforschen und alle unaufschiebbaren Anordnungen zu treffen, um eine Verdunkelung der Sache zu verhüten (§ 55 Abs. l OWiG). Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ist Sache der Verwaltungsbehörden (§ 35 Abs. l OWiG). Bleibt die Ordnungswidrigkeit gering, so kann die Polizei „im ersten Zugriff“ ein Verwarnungsgeld aussprechen (§ 56 Abs. 2 OWiG).

Beim Verwirklichen eines Straftatbestandes (z.B. § 325a Abs. l StGB: unzulässiger Lärm durch den Betrieb einer Anlage) eröffnet die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Lärmverursacher.

2. In NRW kann man sich auch auf das Landes-Immissionsschutzgesetz (kurz LImschG) berufen (in anderen Bundesländern gelten andere Landesgesetze, die aber häufig den gleichen Regelungsinhalt haben).

a. Nach § 3 Abs. 1 LImschG hat sich jeder Bürger so zu verhalten, dass schädliche Umwelteinflüsse vermieden werden, soweit das nach den Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist.

b. Ferner ist die Nachtruhe nach § 9 LImschG geschützt. Nach § 9 Abs. 1 LImschG sind in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr Betätigungen verboten, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind.

c. In der übrigen Zeit dürfen Geräte, die der Schallerzeugung dienen (z.B. Stereoanlage, Klavier, Schlagzeug etc.) nur in einer solchen Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Dritte nicht erheblich belästigt werden (vgl. § 10 Abs.1 LImschG).

d. Die örtliche Ordnungsbehörde überwacht gem. § 14 Abs.1 S.2 LImschG die Einhaltung dieser Vorschriften und kann nach Maßgabe des § 15 LImschG anordnen, dass Zustände beseitigt werden, die diesem Gesetz widersprechen. Eine behördlich festgestellte Tat nach den beschriebenen gesetzlichen Vorgaben wird als Ordnungswidrigkeit gem. § 17 Abs. 1, 3 LImschG eingestuft und kann im schlimmsten Fall mit einer Geldbuße von bis zu 5.000,00 € geahndet werden.

3. Ferner kann sich noch ein öffentlichrechtlicher Unterlassungsanspruch aus dem bauplanungsrechtlichen Gebietscharakter des Wohngebiets ergeben. So bestimmt sich z.B. die in § 3 Abs. l Bundesimmissionsschutzgesetz (kurz BImSchG) vorgegebene Erheblichkeitsgrenze (sog. Zumutbarkeitsgrenze) danach, was den Immissionsbetroffenen nach Maßgabe der bauplanungsrechtlich zu bestimmenden Schutzwürdigkeit des Gebiets, in dem das betreffende Grundstück liegt, unter Berücksichtigung des nachbarrechtlichen Rücksichtnahmegebots zugemutet werden kann. Von Bedeutung ist also die Art des Gebiets (z.B. reines Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet). Bei der Bestimmung der Gebietsart kommt es auf die rechtlichen Vorgaben zur Nutzung an, insbesondere auf entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen und auf die Regelungen in der Baunutzungsverordnung. Diese haben Vorrang vor den tatsächlichen Verhältnissen. In reinen Wohngebieten gelten z.B. strengere Maßstäbe als in einem reinen Gewerbegebiet.